Dann folgte eine längere Phase zähen Ringens, die schließlich einige Remisen produzierte: Alexander Hoffmann konnte nach wenig aufregendem c4-Geschiebe irgendwann ein Bäuerchen erobern, allerdings bei so weitgehender Verflachung, dass die Stellung mit Schwerfiguren und ungleichen Läufern auch ziemlich bald das erwartete Unentschieden produzierte. Als nächster willigte Walter Linker in die Punkteteilung ein: Gegen den von Schachfreund Laudage angemischten Spritzbeton gab es trotz Läuferpaar und Raumvorteil kein unmittelbares Durchkommen, und bei allmählich knapp werdender Bedenkzeit war dieser Partieausgang auch o.k. Meine Partie, ein De2-Franzose, der in eine Art königsindischen Angriff überging, war eigentlich nur wegen eines kuriosen Protestes aufregend: Bei einer erzwungenen Abwicklung hatte ich bereits den nächsten Zug auf dem Partieformular notiert. Just in dem Moment kam mein Gegner bei seiner Notation aus dem Tritt, erbat sich mein Partieformular zur Korrektur und protestierte dann wegen Unsportlichkeit - man darf Züge nicht vorher notieren. Als sich die Wogen wieder geglättet hatten (Wolfgang Prüske zeichnete sich dabei als Mannschaftsführer ganz besonders aus) ging's weiter. Die Stellung wurde immer zweischneidiger, die Bedenkzeit bei beiden immer knapper und so um den 30. Zug bot mein Gegner remis an. Mein letzter Eindruck vom Mannschaftskampf war "das reicht mindestens zum 4:4" und so willigte ich ein. Hätte ich mich stattdessen mit der Stellung beschäftigt, dann wäre mir wahrscheinlich auch der unmittelbare Gewinnzug nicht entgangen.
An den vorderen Brettern sah es nicht so gut aus: Wolfgang Burchert las seinem Gegner so ziemlich jeden Wunsch von den Augen ab und wickelte aus zahmer Eröffnung direkt in ein völlig perspektivloses Endspiel ab. Wie sagte er nach der Partie völlig zurecht: Ich hätte eigentlich auch schon nach 20 Zügen aufgeben können. Thomas Rumpf ging die Sache wesentlich optimistischer an: Er bekam seine Leib-und-Magen-Eröffnung, die Vorstoßvariante im Franzosen. Leider stellte sich bald heraus, daß dies auch die Lieblingsvariante seines Gegners Ludger Grewe war, und so verpuffte die Initiative nach dem obligatorischen Bauernopfer immer mehr, bis schließlich ein glatt verlorenes Endspiel übrig blieb. Bleiben noch Brett 7 und 8 beim Spielstand von mittlerweile 2,5:3,5 gegen uns.
"Die Hoffnungen ruhten auf..." konnte man zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht sagen: Bozidar Begna quälte sich in einem Leichtfigurenendspiel mit einem relativ wirkungslosen Läufer gegen einen Springer ab. Die Stellung war (und blieb es auch) ziemlich verschachtelt, so daß trotz Mehrbauer schließlich eine Punkteteilung zustande kam. Spielstand 3:4. Adalbert Dawid hatte seinen Gegener im Damengambit ausgleichen lassen, dann im Mittelspiel die Zügel angezogen und schließlich im Endspiel einen Bauern eingeheimst. Um die Spannung ein wenig zu erhöhen stellte er kurz vor der Zeitkontrolle eine Figur ein und wickelte auch gleich in ein technisches Endspiel mit Bauern auf beiden Flügeln und eben einem Minusspringer ab. Dieses Endspiel gewann ... Adalbert Dawid. Über das Wie und Warum könnte man viel schreiben - mangelnde Technik, falsche Einschätzung der Lage, Zeitnot - aber ein Detail gab mir doch zu denken: Während zeitweise ein Dutzend Hanseaten das Brett umringten, war von Osterfeld in dieser partieentscheidenden Phase wenig bis gar nichts im Turniersaal zu sehen. Vielleicht war es ja die psychologische Unterstützung, die letzten Endes den Ausschlag gab - jedenfalls kämpfte Adalbert wie ein angeschossener Prärielöwe, während man dem Gegner richtig ansehen konnte, wie er sich immer mehr verzettelte. Die Schlußstellung dürfte wohl auch schon glatt verloren gewesen sein, aber durch Zeitüberschreitung kam es schon gar nicht mehr zum Showdown. Ein gefühlter Mannschaftssieg, aber eben doch nur ein 4:4, mit dem beide Mannschaften im Kontakt zur Tabellenspitze bleiben.
VR
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